22.6.09

Der Rechtsabteilungsreport 2009

"... Die Rechtsabteilungen deutscher Unternehmen agieren in einem sich dynamisch verändernden Umfeld. Faktoren wie Restrukturierung, Expansion, Globalisierung und Wettbewerbsdruck beeinflussen die Unternehmenstätigkeit. Gleichzeitig bestimmen permanente Veränderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen das unternehmerische Handeln. Wie sich dies auf das Selbstverständnis, die strategische Ausrichtung und die Organisation der Rechtsabteilungen deutscher Unternehmen auswirkt, deckt der „Rechtsabteilungs-Report 2009“ auf. ..."

Quelle: Deutscher AnwaltSpiegel, Ausgabe 4/2009, S. 22

19.6.09

Manager sollen für mindestens zehn Prozent von verursachten Schäden haften

"... Wenn eine Gesellschaft eine Versicherung abschließt, um ein Vorstandsmitglied in Schadensfällen gegen Haftungsansprüche abzusichern, muss ein Selbstbehalt des Managers von mindestens zehn Prozent des verursachten Schadens vereinbart werden. Die Obergrenze des Selbstbehaltes soll beim mindestens Eineinhalbfachen des festen Jahreseinkommens liegen. Einem entsprechenden Gesetzentwurf (16/12278) in geänderter Form stimmte der Rechtsausschuss am Mittwochmorgen mit den Stimmen der Großen Koalition gegen die Stimmen der Oppositionsfraktionen zu.

Der ursprüngliche Gesetzentwurf wurde nach der Expertenanhörung am 25. Mai geändert, sagte die SPD. Die Vorgabe, dass variable, oft gewinnabhängige Vergütungsanteile eine mehrjährige Bemessungsgrundlage haben sollen, um eine "nachhaltige Unternehmensentwicklung" zu fördern, gelte nur noch für börsennotierte Unternehmen. Zusätzlich sei auch beschlossen worden, dass die Hauptversammlung börsennotierter Unternehmen eine Billigung oder Missbilligung der Vergütung der Vorstandsmitglieder ausdrücken kann, allerdings in unverbindlicher Form. Seitens der CDU/CSU-Fraktion hieß es, die ganze Regelung sei der Finanzkrise geschuldet. Weil "eine oder zwei Handvoll Manager" wegen Gehaltsexzessen an den Pranger gestellt würden, dürfe man nicht übersehen, dass bei der Mehrzahl der Aktiengesellschaften die Vergütung des Vorstandes unproblematisch verlaufe. Der Bundesgesetzgeber könne nicht die Aufgabe haben, alles im Detail regeln zu wollen, die gefundenen Regelungen seien aber ein guter Kompromiss.

Die Grünen kritisierten die Vorgaben des Gesetzentwurfes als nicht klar und konsequent genug. Dadurch, dass sich der Manager-Selbstbehalt nur auf das feste Jahresabkommen und nicht auf variable Vergütungsanteile beziehe, ergäben sich "neue Gestaltungsmöglichkeiten", um die Regelung zu umgehen. Die Fraktion forderte, den Anteil erfolgsbedingter Einkommensanteile auf 25 Prozent zu begrenzen und für Aktienoptionen eine zehnjährige Haltefrist einzuführen. Der Gesetzentwurf sieht eine Erhöhung von zwei Jahren auf vier Jahre vor. Die FDP kritisierte, dass der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft keine weitergehenden Kompetenzen eingeräumt wurden. Viele Regelungen des Entwurfes sollten nicht gesetzlich, sondern im Deutschen Corporate Governance Kodex mit Selbstverpflichtungscharakter geregelt werden, sagten die Liberalen. Der vorgeschriebene Selbstbehalt bei der Manager-Haftpflicht sei ein "Eingriff in die Vertragsfreiheit". Der FDP-Antrag (16/10885) wurde mehrheitlich abgelehnt. Die Linke kritisierte, dass der Gesetzentwurf keine Obergrenze für Managergehälter vorsehe. Die Fraktion hatte eine Begrenzung auf das 20-fache der untersten Vergütungsgruppe einer Gesellschaft gefordert. ..."

Quelle: hib-Meldung vom 17.06.2009

13.6.09

Europäische Privatgesellschaft - Bundesrichter fordert neue Rechtsform für Firmen

"... Deutschlands oberster Richter im Aktien- und Gesellschaftsrecht, Wulf Goette, hat sich dafür ausgesprochen, eine europaweit einheitliche Rechtsform für kleine und mittlere Unternehmen einzuführen. Die entsprechenden Pläne von EU-Kommission und Europarlament hält der Vorsitzende des Zweiten Zivilsenats am Bundesgerichtshof aber für dringend verbesserungsbedürftig. ..."

Quelle: www.faz.net

12.6.09

Neues Bi­lanz­recht in Kraft: Mil­li­ar­den­ent­las­tung für den deut­schen Mit­tel­stand

"(Am 29.05.2009 trat) ... das Ge­setz zur Mo­der­ni­sie­rung des Bi­lanz­rechts (BilMoG) in Kraft (BGBl. I 2009, 1102). Das Ge­setz ent­las­tet die Wirt­schaft fi­nan­zi­ell in er­heb­li­chem Um­fang und stärkt das Bi­lanz­recht des Han­dels­ge­setz­bu­ches für den Wett­be­werb mit in­ter­na­tio­na­len Rech­nungs­le­gungs­stan­dards. Das be­währ­te, kos­ten­güns­ti­ge und ein­fa­che HGB-​Bi­lanz­recht wird im Kern bei­be­hal­ten. Der han­dels­recht­li­che Jah­res­ab­schluss bleibt die Grund­la­ge der Ge­winn­aus­schüt­tung und der steu­er­li­chen Ge­winn­er­mitt­lung.

Die wich­tigs­ten Punk­te des Ge­setz­ent­wurfs im Ein­zel­nen:

1. De­re­gu­lie­rung

Die Neu­re­ge­lung ent­las­tet die Un­ter­neh­men von ver­meid­ba­rem Bi­lan­zie­rungs­auf­wand. Mit­tel­stän­di­sche Ein­zel­kauf­leu­te, die nur einen klei­nen Ge­schäfts­be­trieb un­ter­hal­ten, wer­den von der han­dels­recht­li­chen Buch­füh­rungs-​, In­ven­tur-​ und Bi­lan­zie­rungs­pflicht be­freit. Für Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten wie AG und GmbH wer­den eben­falls Be­frei­un­gen und Er­leich­te­run­gen bei der Bi­lan­zie­rung vor­ge­se­hen. Ins­ge­samt ist auf­grund die­ser Maß­nah­men mit einer Sen­kung der Bi­lan­zie­rungs­kos­ten in Höhe von 1,3 Mrd. Euro zu rech­nen. Laut Jah­res­be­richt der Bun­des­re­gie­rung 2008 zum Bü­ro­kra­tie­ab­bau er­gibt sich unter Be­rück­sich­ti­gung auch der Buch­füh­rungs-​ und In­ven­tur­er­leich­te­run­gen nach den Be­rech­nun­gen des Sta­tis­ti­schen Bun­des­am­tes ins­ge­samt sogar ein Ein­spar­po­ten­ti­al von etwa 2,5 Mrd. Euro pro Jahr. Kon­kret geht es um fol­gen­de Maß­nah­men:

- Ein­zel­kauf­leu­te, die be­stimm­te Schwel­len­wer­te (500.000,- Euro Um­satz und 50.000,- Euro Ge­winn pro Ge­schäfts­jahr) nicht über­schrei­ten, wer­den von der Ver­pflich­tung zur Buch­füh­rung, In­ven­tur und Bi­lan­zie­rung nach den han­dels­recht­li­chen Vor­schrif­ten be­freit.
- Die Grö­ßen­klas­sen, die dar­über ent­schei­den, wel­che In­for­ma­ti­ons­pflich­ten ein Un­ter­neh­men tref­fen, wer­den an­ge­ho­ben: Die Schwel­len­wer­te für Bi­lanz­sum­me und Um­satz­er­lö­se in § 267 HGB wer­den um 20% er­höht. So kom­men mehr Un­ter­neh­men als bis­her in den Ge­nuss der Er­leich­te­run­gen, die für klei­ne und mit­tel­gro­ße Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten gel­ten. Der Auf­wand bei der han­del­recht­li­chen Rech­nungs­le­gung wird ver­rin­gert. Ab­hän­gig davon, ob eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft als klein, mit­tel­groß und groß ein­zu­stu­fen ist, muss sie mehr oder we­ni­ger weit rei­chen­de In­for­ma­ti­ons­pflich­ten er­fül­len. Klei­ne Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten brau­chen z. B. ihren Jah­res­ab­schluss nicht von einem Ab­schluss­prü­fer prü­fen zu las­sen und müs­sen nur die Bi­lanz, nicht aber die Ge­winn-​ und Ver­lust­rech­nung of­fen­le­gen. Mit­tel­gro­ße Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten kön­nen auf eine Reihe von An­ga­ben ver­zich­ten, die große Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten ma­chen müs­sen, und dür­fen Bi­lanz­po­si­tio­nen zu­sam­men­fas­sen.
- Als klein gel­ten künf­tig sol­che Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, die nicht mehr als rd. 4,8 Mio. Euro Bi­lanz­sum­me (bis­her rd. 4 Mio. Euro), rd. 9,8 Mio. Euro. Um­satz­er­lö­se (bis­her rd. 8 Mio. Euro), bzw. 50 Ar­beit­neh­mer im Jah­res­durch­schnitt auf­wei­sen. Von den Kri­te­ri­en muss eine Ka­pi­tal­ge­sell­schaft min­des­tens zwei er­fül­len, um als klein klas­si­fi­ziert zu wer­den.
- Als mit­tel­groß gel­ten künf­tig sol­che Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten, die nicht mehr als rd. 19,2 Mio. Euro Bi­lanz­sum­me (bis­her rd. 16 Mio. Euro), rd. 38,5 Mio. ¤ Um­satz­er­lö­se (bis­her rd. 32 Mio. Euro), bzw. 250 Ar­beit­neh­mer im Jah­res­durch­schnitt auf­wei­sen.

2. Ver­bes­se­rung der Aus­sa­ge­kraft der HGB-​Ab­schlüs­se

Das mo­der­ni­sier­te HGB-​Bi­lanz­recht ist auch eine Ant­wort auf die In­ter­na­tio­nal Fi­nan­ci­al Ac­coun­ting Stan­dards (IFRS), die vom In­ter­na­tio­nal Ac­coun­ting Stan­dards Board (IASB) her­aus­ge­ge­ben wer­den. Die IFRS sind auf ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­te Un­ter­neh­men zu­ge­schnit­ten. Sie die­nen dem In­for­ma­ti­ons­be­dürf­nis von Fi­nanz­ana­lys­ten, be­rufs­mä­ßi­gen In­ves­to­ren und an­de­ren Ka­pi­tal­markt­teil­neh­mern.

Die weit über­wie­gen­de An­zahl der rech­nungs­le­gungs­pflich­ti­gen deut­schen Un­ter­neh­men nimmt den Ka­pi­tal­markt aber gar nicht in An­spruch. Es ist des­halb nicht zu recht­fer­ti­gen, alle rech­nungs­le­gungs­pflich­ti­gen Un­ter­neh­men auf die kos­ten­in­ten­si­ven und hoch­kom­ple­xen IFRS zu ver­pflich­ten. Auch der vom IASB be­ra­te­ne Ent­wurf eines Stan­dards "IFRS für klei­ne und mit­tel­gro­ße Un­ter­neh­men" ist keine gute Al­ter­na­ti­ve für die Auf­stel­lung eines in­for­ma­ti­ven Jah­res­ab­schlus­ses. Die Pra­xis in Deutsch­land hat den Ent­wurf des IASB scharf kri­ti­siert, weil seine An­wen­dung - im Ver­hält­nis zum HGB-​Bi­lanz­recht - immer noch zu kom­pli­ziert und kos­ten­träch­tig wäre.

Das Bi­lanz­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setz wählt des­halb einen an­de­ren An­satz: Es baut das be­währ­te HGB-​Bi­lanz­recht zu einem Re­gel­werk aus, das den in­ter­na­tio­na­len Rech­nungs­le­gungs­stan­dards gleich­wer­tig, aber we­sent­lich kos­ten­güns­ti­ger und in der Pra­xis ein­fa­cher zu hand­ha­ben ist. Ins­be­son­de­re bleibt es dabei, dass die HGB-​Bi­lanz Grund­la­ge der steu­er­li­chen Ge­winn­er­mitt­lung und der Aus­schüt­tungs­be­mes­sung ist. Dies er­mög­licht ins­be­son­de­re den mit­tel­stän­di­schen Un­ter­neh­men, wei­ter­hin nur ein Re­chen­werk - die sog. Ein­heits­bi­lanz - auf­zu­stel­len, das Grund­la­ge für alle ge­nann­ten Zwe­cke ist.

Mit fol­gen­den Maß­nah­men wird die Aus­sa­ge­kraft des han­dels­recht­li­chen Jah­res­ab­schlus­ses ver­bes­sert:

- Selbst­ge­schaf­fe­ne im­ma­te­ri­el­le Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de des An­la­ge­ver­mö­gens
Im­ma­te­ri­el­le selbst­ge­schaf­fe­ne Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de des An­la­ge­ver­mö­gens wie zum Bei­spiel Pa­ten­te oder Know-​how kön­nen künf­tig in der HGB-​Bi­lanz an­ge­setzt wer­den. Das ist vor allem für in­no­va­ti­ve Un­ter­neh­men wich­tig, die in­ten­siv for­schen und ent­wi­ckeln - bei­spiels­wei­se die che­mi­sche oder phar­ma­zeu­ti­sche In­dus­trie oder die Au­to­mo­bil­in­dus­trie nebst ihren Zu­lie­fe­rern. Ins­be­son­de­re pro­fi­tie­ren auch klei­ne und so­ge­nann­te Start-​up-​Un­ter­neh­men von der Vor­schrift. Auch sie kön­nen ihre Ent­wick­lun­gen - ihr Po­ten­ti­al - künf­tig in der Han­dels­bi­lanz zei­gen. Da­durch kön­nen die Un­ter­neh­men ihre Ei­gen­ka­pi­tal­ba­sis aus­bau­en und ihre Fä­hig­keit ver­bes­sern, sich am Markt kos­ten­güns­tig wei­te­res Ka­pi­tal zu be­schaf­fen. Steu­er­lich blei­ben die Auf­wen­dun­gen nach wie vor ab­zugs­fä­hig; sie ste­hen auch nicht für die Ge­winn­aus­schüt­tung zur Ver­fü­gung. Das för­dert die Wett­be­werbs­fä­hig­keit Deutsch­lands als Stand­ort für in­no­va­ti­ve Un­ter­neh­men.

Bei­spie­le:
(1) Ein gro­ßer Teil der in der phar­ma­zeu­ti­schen In­dus­trie an­fal­len­den Kos­ten ent­fällt auf die Er­for­schung und Ent­wick­lung neuer Me­di­ka­men­te. Wenn sich künf­tig bei­spiels­wei­se aus kli­ni­schen Stu­di­en er­gibt, dass ein Me­di­ka­ment die Markt­zu­las­sung er­hal­ten wird, kön­nen die Ent­wick­lungs­kos­ten als Her­stel­lungs­kos­ten eines selbst er­stell­ten Ver­mö­gens­ge­gen­stan­des des An­la­ge­ver­mö­gens, bei­spiel­wei­se eines Pa­tents oder von ein­fa­chem Know-​how ak­ti­viert wer­den. Das heißt, die Ge­winn-​ und Ver­lust­rech­nung des Un­ter­neh­mens wird nicht be­las­tet, und der bi­lan­zi­el­le Ge­winn fällt höher aus.
(2) Ein Start-​up-​Un­ter­neh­men, das sich bei­spiels­wei­se mit der Ent­wick­lung von Soft­ware be­fasst, kann die Kos­ten für die Ent­wick­lung der Soft­ware als Her­stel­lungs­kos­ten der Soft­ware in­ner­halb der selbst­er­stell­ten im­ma­te­ri­el­len Ver­mö­gens­ge­gen­stän­de des An­la­ge­ver­mö­gens aus­wei­sen und muss diese nicht, wie bis­her, auf­wands­wirk­sam er­fas­sen.

- Be­wer­tung von Fi­nanz­in­stru­men­ten zum Markt­wert
Kre­dit­in­sti­tu­te müs­sen Fi­nanz­in­stru­men­te wie Ak­ti­en, Schuld­ver­schrei­bun­gen, Fonds­an­tei­le und De­ri­va­te, so­weit sie im Han­dels­be­stand ge­hal­ten wer­den, künf­tig zum Bi­lanz­stich­tag grund­sätz­lich mit dem Markt­wert (Fair Value) be­wer­ten. Das ent­spricht der bis­he­ri­gen Pra­xis der Kre­dit­in­sti­tu­te, ver­ein­facht und ver­ein­heit­licht die han­dels­recht­li­che Rech­nungs­le­gung, ist in­ter­na­tio­nal üb­lich und wird nun auch im HGB-​Bi­lanz­recht ver­an­kert. Da­durch er­höht sich die Aus­sa­ge­kraft des Jah­res­ab­schlus­ses im Hin­blick auf je­der­zeit rea­li­sier­ba­re Ge­win­ne und Ver­lus­te. Die Kre­dit­in­sti­tu­te müs­sen dabei einen an­ge­mes­se­nen Ri­si­ko­ab­schlag be­rück­sich­ti­gen und einen aus­schüt­tungs­ge­sperr­ten Son­der­pos­ten als zu­sätz­li­chen Ri­si­ko­puf­fer bil­den. Die­ser Son­der­pos­ten ist in guten Zei­ten aus einem Teil der Han­dels­ge­win­ne auf­zu­bau­en und kann in schlech­te­ren Zei­ten zum Aus­gleich von Han­dels­ver­lus­ten ver­wen­det wer­den. Er wirkt daher an­ti­zy­klisch. Hier sind Kon­se­quen­zen aus der Fi­nanz­markt­kri­se ge­zo­gen wor­den.

Bei­spiel:
Eine Bank kauft 10 Ak­ti­en zu einem Kurs von 100 Euro pro Aktie. Die Ak­ti­en wur­den mit der Ziel­set­zung er­wor­ben, Kurs­ge­win­ne zu er­zie­len und kön­nen bör­sen­täg­lich wie­der ver­kauft wer­den. Zum Bi­lanz­stich­tag haben die Ak­ti­en einen Kurs von 125 Euro pro Aktie. Bei Be­wer­tung der Ak­ti­en zum Markt­wert (125 Euro) ab­züg­lich eines Ri­si­ko­ab­schlags (z.B. 5 Euro) sind sie in der Bi­lanz mit ins­ge­samt 1.200 Euro (10 Stück x 120 Euro) an­zu­set­zen. Es er­gibt sich für die Bank ein Ge­winn von 200 Euro. Von den Ge­samt­han­dels­er­trä­gen sind dann noch 10 % in einen ge­sperr­ten Son­der­pos­ten ein­zu­stel­len, der bei Han­dels­ver­lus­ten auf­ge­löst wer­den kann.

- Än­de­rung der Rück­stel­lungs­be­wer­tung
Rück­stel­lun­gen von Un­ter­neh­men für künf­ti­ge Ver­pflich­tun­gen wer­den in Zu­kunft rea­lis­ti­scher be­wer­tet. Die ge­gen­wär­ti­ge bi­lanz­recht­li­che Be­hand­lung von Rück­stel­lun­gen ist in der öf­f­ent­li­chen Dis­kus­si­on immer wie­der als Schwach­stel­le der han­dels­recht­li­chen Rech­nungs­le­gung be­zeich­net wor­den. Ge­ra­de bei Pen­si­ons­rück­stel­lun­gen lasse sich der­zeit die wahre Be­las­tung der Un­ter­neh­men nicht aus der han­dels­recht­li­chen Rech­nungs­le­gung ab­le­sen, weil die bis­he­ri­gen Wert­an­sät­ze nach über­ein­stim­men­der Ein­schät­zung zu nied­rig seien. Bei der Be­wer­tung der Rück­stel­lun­gen sol­len des­halb künf­ti­ge Ent­wick­lun­gen (Lohn-, Preis-​ und Per­so­nal­ent­wick­lun­gen) stär­ker als bis­her be­rück­sich­tigt wer­den. Zudem sind die Rück­stel­lun­gen künf­tig ab­zu­zin­sen. Die Be­wer­tung der Rück­stel­lun­gen wird also dy­na­mi­siert. Die Neu­re­ge­lung wird zu­min­dest bei den Pen­si­ons­rück­stel­lun­gen zu einer Er­hö­hung füh­ren. Dies ist aber un­er­läss­lich, wenn man zu einer rea­li­täts­ge­rech­ten Rück­stel­lungs­be­wer­tung ge­lan­gen will. Um diese Ef­fek­te ab­zu­mil­dern, sieht das Ge­setz die Mög­lich­keit vor, die Rück­stel­lung über einen Zeit­raum von meh­re­ren Jah­ren an­zu­sam­meln. Die steu­er­li­chen Vor­schrif­ten in die­sem Punkt blei­ben un­ver­än­dert, so dass es nicht zu Steu­er­aus­fäl­len kom­men wird.

Bei­spiel:
Der Grund und Boden eines Un­ter­neh­mens ist mit Che­mi­ka­li­en ver­seucht. Die Be­hör­den geben dem Un­ter­neh­men auf, die Alt­last zu be­sei­ti­gen, so­bald das Un­ter­neh­men sei­nen Ge­schäfts­be­trieb ein­stellt. Damit ist in fünf Jah­ren zu rech­nen. Zum Bi­lanz­stich­tag be­tra­gen die Kos­ten für den ein­zu­set­zen­den Bag­ger 100 Euro /Std. Es ist davon aus­zu­ge­hen, dass die Bag­ger­stun­de in fünf Jah­ren 120 Euro kos­tet. Nach der bis­he­ri­gen Rechts­la­ge ist für die Be­mes­sung der Rück­stel­lung - dem Stich­tags­prin­zip fol­gend - von 100 Euro /Std. aus­zu­ge­hen, künf­tig hin­ge­gen von 120 Euro, weil die künf­ti­gen Ent­wick­lun­gen zu be­rück­sich­ti­gen sind.

- Ab­schaf­fung nicht mehr zeit­ge­mä­ßer Wahl­rech­te
Dar­über hin­aus wird das HGB-​Bi­lanz­recht vom "Bal­last" der ver­gan­ge­nen Jahre be­freit. Nicht mehr zeit­ge­mä­ße Bi­lan­zie­rungs­mög­lich­kei­ten, die den Un­ter­neh­men ein­ge­räumt wur­den, wer­den ein­ge­schränkt oder auf­ge­ho­ben. Diese be­ein­träch­tig­ten zum Teil den In­for­ma­ti­ons­ge­halt und die Ver­gleich­bar­keit von Jah­res­ab­schlüs­sen. Dies gilt bei­spiels­wei­se für die auch steu­er­lich nicht an­er­kann­te Mög­lich­keit, Rück­stel­lun­gen für ei­ge­nen künf­ti­gen In­stand­set­zungs­auf­wand zu bil­den.

Bei­spiel:
Ein Un­ter­neh­men re­no­viert die ihm ge­hö­ren­den Ver­wal­tungs-​ und Be­triebs­ge­bäu­de im Ab­stand von zehn Jah­ren. Den zur Durch­füh­rung der Re­no­vie­rung er­for­der­li­chen Be­trag sam­melt das Un­ter­neh­men - ohne dass be­reits Ver­ein­ba­run­gen über die Durch­füh­rung der Re­no­vie­rung mit Drit­ten ge­trof­fen wor­den wären - über die Dauer der zehn Jahre in einer steu­er­lich nicht an­er­kann­ten Auf­wands­rück­stel­lung an. Der­ar­ti­ge steu­er­lich nicht an­er­kann­te Auf­wands­rück­stel­lun­gen kön­nen künf­tig nicht mehr ge­bil­det wer­den.

- Trans­pa­renz be­züg­lich der Zweck­ge­sell­schaf­ten
Das Ge­setz ent­hält auch Re­ge­lun­gen für mehr In­for­ma­ti­on und Trans­pa­renz im han­dels­bi­lan­zi­el­len Um­gang mit Zweck­ge­sell­schaf­ten. Die wirt­schaft­li­che Si­tua­ti­on der Zweck­ge­sell­schaft und das wirt­schaft­li­che Ri­si­ko für den Kon­zern sol­len bes­ser aus dem Jah­res­ab­schluss des Kon­zerns ab­zu­le­sen sein. Zum einen müs­sen die Un­ter­neh­men künf­tig schon dann in den Kon­zern­ab­schluss ein­be­zo­gen wer­den, wenn das Mut­ter­un­ter­neh­men un­mit­tel-​ oder mit­tel­bar einen be­herr­schen­den Ein­fluss aus­üben kann. Das ist ins­be­son­de­re dann der Fall, wenn es bei wirt­schaft­li­cher Be­trach­tungs­wei­se die Mehr­heit der Ri­si­ken und Chan­cen der Zweck­ge­sell­schaft trägt. Bis­her kommt es dar­auf an, ob das Mut­ter­un­ter­neh­men an der Zweck­ge­sell­schaft eine ge­sell­schafts­recht­li­che Be­tei­li­gung hält. Zum an­de­ren müs­sen die Un­ter­neh­men künf­tig im An­hang über Art, Zweck und fi­nan­zi­el­le Aus­wir­kun­gen von nicht in der Bi­lanz er­schei­nen­den Ge­schäf­ten be­rich­ten, so­weit dies für die Be­ur­tei­lung der Fi­nanz­la­ge not­wen­dig ist. Damit wird eine EU-​recht­li­che Vor­ga­be um­ge­setzt. Au­ßer­dem haben die Un­ter­neh­men künf­tig dar­zu­le­gen, wel­che Über­le­gun­gen ihrer Ri­si­ko­ein­schät­zung im Hin­blick auf Even­tual­ver­bind­lich­kei­ten zu­grun­de lie­gen. Hier ge­nügt es nicht, den Ab­schluss­adres­sa­ten nur über die Summe der be­ste­hen­den Even­tual­ver­bind­lich­kei­ten zu in­for­mie­ren, die da­hin­ter ste­hen­den Ri­si­ken und die Ein­schät­zung ihres Ein­tritts aber im Dun­keln zu las­sen.

- Wei­te­re, aus EU-​recht­li­chen Vor­ga­ben re­sul­tie­ren­de Än­de­run­gen
Sons­ti­ge EU-​recht­li­chen Vor­ga­ben, ins­be­son­de­re die Vor­ga­ben zum Un­ter­neh­mens­füh­rungs­be­richt und zur Ein­rich­tung eines Prü­fungs­aus­schus­ses wer­den "eins zu eins" - also mit ge­ringst mög­li­cher Be­las­tung für die Un­ter­neh­men - in deut­sches Recht um­ge­setzt. Zum Bei­spiel müs­sen ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­te Un­ter­neh­men, die be­reits ein Auf­sichts­or­gan haben, je­den­falls dann kei­nen Prü­fungs­aus­schuss ein­rich­ten, wenn des­sen Auf­ga­ben durch das Auf­sichts­or­gan wahr­ge­nom­men wer­den. Auch wer­den den Un­ter­neh­men keine Vor­ga­ben für die Ein­rich­tung eines in­ter­nen Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tems ge­macht. Die Ent­schei­dung über die Ein­rich­tung und die Art und den Um­fang eines Ri­si­ko­ma­nage­ment­sys­tems liegt im Auf­ga­ben­be­reich der ge­schäfts­füh­ren­den Or­ga­ne eines Un­ter­neh­mens.

3. In­kraft­tre­ten

Das Ge­setz ist am 29. Mai 2009 in Kraft ge­tre­ten. Die neuen Bi­lan­zie­rungs­re­ge­lun­gen sind ver­pflich­tend für Ge­schäfts­jah­re ab dem 1. Ja­nu­ar 2010 an­zu­wen­den. Sie kön­nen frei­wil­lig be­reits für den Ab­schluss 2009 an­ge­wen­det wer­den, je­doch nur als Ge­samt­heit. Ei­ni­ge Vor­schrif­ten, ins­be­son­de­re zur Um­set­zung EU-​recht­li­cher Vor­ga­ben, gel­ten ver­pflich­tend schon für das Ge­schäfts­jahr 2009. Bi­lan­zie­rungs­er­leich­te­run­gen für klei­ne und mit­tel­gro­ße Un­ter­neh­men kön­nen - so­weit dies noch mög­lich ist - schon für das Ge­schäfts­jahr 2008 in An­spruch ge­nom­men wer­den.

Glos­sar:

An­la­ge­ver­mö­gen: Be­stand­teil des Ver­mö­gens, also auf der Ak­tiv­sei­te der Bi­lanz aus­ge­wie­sen. Das An­la­ge­ver­mö­gen ist das Ver­mö­gen, das dazu be­stimmt ist, dem Ge­schäfts­be­trieb dau­ernd zu die­nen. Dazu ge­hö­ren bei­spiels­wei­se die Pro­duk­ti­ons­ge­bäu­de und Pro­duk­ti­ons­ma­schi­nen eines Pro­duk­ti­ons­un­ter­neh­mens.

Bi­lanz: Ge­gen­über­stel­lung des Ver­mö­gens (Ak­tiv­sei­te der Bi­lanz) sowie der Schul­den und des Ei­gen­ka­pi­tals (Pas­siv­sei­te der Bi­lanz) eines Kauf­manns zum Ende eines Ge­schäfts­jah­res.

De­ri­va­te: Zu­sam­men­fas­sen­der Be­griff für Fi­nanz­pro­duk­te wie Op­tio­nen, Swaps oder For­wards zum Kauf oder Ver­kauf von bei­spiels­wei­se Wert­pa­pie­ren auf Ter­min.

Ei­gen­ka­pi­tal: Ver­mö­gen - Schul­den = Ei­gen­ka­pi­tal.

Even­tual­ver­bind­lich­kei­ten: Auf ver­trag­li­cher Grund­la­ge be­ru­hen­de, recht­lich mög­li­che In­an­spruch­nah­me des Kauf­manns, mit der aus Sicht des Ab­schluss­stich­ta­ges nicht kon­kret zu rech­nen ist.

Fi­nanz­in­stru­men­te: Ver­trag­li­che Ver­pflich­tun­gen, die mit­tel-​ oder un­mit­tel­bar auf den Aus­tausch von Zah­lungs­mit­teln ge­rich­tet sind (Ak­ti­en, Schuld­ver­schrei­bun­gen, De­ri­va­te).

For­wards: Ver­pflich­ten­der Ver­trag über den Kauf oder Ver­kauf von Wert­pa­pie­ren o.ä. zu einem vor­her be­stimm­te Preis auf Ter­min.

Ge­winn-​ und Ver­lust­rech­nung: Ge­gen­über­stel­lung der Auf­wen­dun­gen und Er­trä­ge des Ge­schäfts­jah­res.

Han­dels­be­stand: Fi­nanz­in­stru­men­te des Han­dels­be­stan­des sind die­je­ni­gen Fi­nanz­in­stru­men­te von Kre­dit­in­sti­tu­ten, die weder zur Li­qui­di­täts­re­ser­ve noch zum An­la­ge­be­stand zäh­len.

In­ter­na­tio­na­le Rech­nungs­le­gungs­stan­dards: Hier ver­wandt als syn­onym für die In­ter­na­tio­nal Fi­nan­ci­al Re­por­ting Stan­dards (IFRS). Die IFRS sind in­ner­halb der EU für ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­te Un­ter­neh­men, die einen Kon­zern­ab­schluss auf­stel­len müs­sen, ver­bind­lich.

In­ter­na­tio­nal Ac­coun­ting Stan­dards Board (IASB): Pri­vat­recht­lich or­ga­ni­sier­te Ein­rich­tung mit Sitz in Lon­don, die die (In­ter­na­tio­nal Fi­nan­ci­al Re­por­ting Stan­dards (IFRS) er­ar­bei­tet. Ziel des IASB ist es, die IFRS als welt­weit ein­heit­lich an­zu­wen­den­de Rech­nungs­le­gungs­stan­dards durch­zu­set­zen.

Jah­res­ab­schluss: Ober­be­griff; er um­fasst die Bi­lanz, die Ge­winn-​ und Ver­lust­rech­nung und - bei Ka­pi­tal­ge­sell­schaf­ten - den An­hang.

Ka­pi­tal­markt­ori­en­tier­tes Un­ter­neh­men: Un­ter­neh­men, das Ak­ti­en oder Schuld­ver­schrei­bun­gen zum Han­del auf einem ge­re­gel­ten Markt aus­ge­ge­ben hat.

Ge­re­gel­ter Markt: Markt­seg­ment an den deut­schen Bör­sen.

Op­tio­nen: (Wahl-)Recht zum Kauf eines Wert­pa­piers zu einem vor­her be­stimm­ten Preis.

Swaps: Ge­schäft über den Aus­tausch von Zah­lungs­strö­men (Bsp. Tausch eines fixen gegen einen va­ria­blen Zins).

Zweck­ge­sell­schaft: Selb­stän­di­ger Rechts­trä­ger (meist jur. Per­son oder Stif­tung), der zur Er­rei­chung eines eng be­grenz­ten und genau de­fi­nier­ten Ziels des Mut­ter­un­ter­neh­mens dient. ..."

Quelle: Pressemitteilung des BMJ vom 29.05.2009

1.6.09

Die Unabhängigkeit des Syndikusanwalts

"... Ein Blick auf die Rechtsprechung deutscher und europäischer Gerichte

Prof. Dr. Hanns Prütting, Köln

Anwälte arbeiten längst nicht mehr nur als Selbständige. Angestellte Anwälte gibt es - nicht mehr nur als Durchgangsstation zur Selbständigkeit - in Kanzleien und in Unternehmen. Viele Syndikusanwälte tragen mehr Verantwortung als Associates in Sozitäten. Gleichwohl wird dem Syndikusanwalt von den Rechtsanwaltskammern abgesprochen, im Unternehmen als Anwalt tätig zu sein. Der Autor zeigt, dass die Rechtsprechung des BGH in vorsichtigen Teilschritten den Syndikus dem selbständigen Rechtsanwalt gleichgestellt hat, wenn auch eine ausdrückliche Anerkennung des Syndikus als Rechtsanwalt in allen Berufslagen noch nicht erfolgt ist. ..."

Quelle: Anwaltsblatt 6/2009, S. 402 ff.