12.5.10

KfiHG - Englisch soll zulässige Gerichtssprache werden

Der Bundesrat hat in der vergangenen Woche einem Gesetzentwurf zugestimmt, nach dem an ausgewählten Landgerichten Kammern für internationale Handelssachen eingerichtet werden können, an denen die Prozesse in englischer Sprache geführt werden sollen. Es handelt sich um den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung von Kammern für internationale Handelssachen (KfiHG).

"... Der Bundesrat möchte bei den Landgerichten Kammern für internationale Handelssachen einrichten, vor denen Rechtsstreitigkeiten in englischer Sprache geführt werden können. Aus diesem Grund hat er heute einen entsprechenden Gesetzentwurf beim Deutschen Bundestag eingebracht.

Die Länder betonen, dass es in Deutschland zahlreiche Richter gebe, die diese Sprache hervorragend beherrschten und in der Lage seien, eine mündliche Verhandlung entsprechend zu führen.

Obwohl das deutsche Recht und die deutsche Justiz international hohe Anerkennung genießen, leidet der Gerichtsstandort Deutschland nach Auffassung des Bundesrates bisher darunter, dass noch immer nur Deutsch als Gerichtssprache bestimmt sei. Dies trage dazu bei, dass bedeutende wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten - zum Nachteil des Gerichtsstandortes Deutschland und deutscher Unternehmen - zumeist im Ausland ausgetragen würden.

Durch die Einführung von Englisch als zulässiger Gerichtssprache könne sowohl Deutschland als Gerichtsstandort als auch das deutsche Recht in hohem Maße an Attraktivität gewinnen.

Der Gesetzentwurf wird zunächst der Bundesregierung zugeleitet, die ihn innerhalb von sechs Wochen dem Bundestag vorzulegen hat. Hierbei soll sie ihre Auffassung darlegen. ..."

Quelle: Pressemitteilung des Bundesrates vom 07.05.2010

Der Bundesrat begründet den Gesetzentwurf wie folgt:

"... A. Problem und Ziel

Das deutsche Recht und die deutsche Justiz genießen international hohe Anerkennung. Der Gerichtsstandort Deutschland leidet jedoch darunter, dass in § 184 GVG immer noch nur Deutsch als Gerichtssprache bestimmt ist. Ausländische Vertragspartner und Prozessparteien schrecken davor zurück, in einer fremden, für sie nur im Wege der Übersetzung indirekt verständlichen Sprache vor einem deutschen Gericht zu verhandeln. Das hat Auswirkungen nicht nur auf die Wahl des Gerichtsstandes, sondern auch auf die Frage der Rechtswahl. Das deutsche Recht wird trotz seiner Vorzüge kaum gewählt, wenn als Gerichtsstand ein Gericht in einem anderen Staat vereinbart ist, vor dem in englischer Sprache als "lingua franca" des internationalen Wirtschaftsverkehrs verhandelt werden kann.

Die Begrenzung der Gerichtssprache auf Deutsch trägt damit dazu bei, dass bedeu-tende wirtschaftsrechtliche Streitigkeiten entweder im Ausland oder vor Schiedsgerichten ausgetragen werden - zum Nachteil des Gerichtsstandortes Deutschland und deutscher Unternehmen.

B. Lösung

Der Gesetzentwurf ermöglicht die Einrichtung von Kammern für internationale Handelssachen bei den Landgerichten, vor denen Rechtsstreitigkeiten in englischer Sprache geführt werden können. In Deutschland gibt es zahlreiche Richterinnen und Richter, die die englische Sprache - einschließlich der Fachsprache - hervorragend beherrschen.

Viele von ihnen haben im Ausland einen LL.M (Master of Laws) erworben. Sie sind - zumindest nach einer ergänzenden Fortbildung - in der Lage, in englischer Sprache verfasste Schriftsätze und Dokumente zu verstehen, eine mündliche Verhandlung in englischer Sprache zu führen und auch Beschlüsse und Urteile in englischer Sprache abzufassen.

Durch Kammern für internationale Handelssachen wird aber nicht nur sichtbar werden, dass die deutsche Justiz über höchstqualifizierte Richterinnen und Richter verfügt, sondern auch über Kaufleute als Laienrichter, die große praktische Erfahrungen und oft hervorragende, im internationalen Wirtschaftsverkehr erprobte Sprachkenntnisse besitzen. Das deutsche System der Kammern für (internationale) Handelssachen steht damit für eine Konzentration von Sach- und Fachkompetenz, die weltweit nur in wenigen anderen Staaten anzutreffen ist.

Der Gerichtsstandort Deutschland wird durch die Einführung von Englisch als Gerichtssprache in hohem Maße an Attraktivität gewinnen. Deutsche Kammern für internationale Handelssachen werden bedeutende wirtschaftsrechtliche Verfahren anziehen, die bisher entweder vor Schiedsgerichten oder im englischsprachigen Ausland verhandelt werden. Die zunehmende Vereinbarung des Gerichtsstandortes Deutschland wird auch die vermehrte Wahl des deutschen Rechts als auf internationale Vertragsverhältnisse anwendbares Recht nach sich ziehen. Das ihnen vertraute Rechtssystem bietet deutschen Unternehmen dabei den wertvollen Vorteil der erhöhten Rechtssicherheit im internationalen Wirtschaftsverkehr. ..."

Quelle: Gesetzentwurf des Bundesrates vom 07.05.2010, Bundesrat Drucksache 42/10